Mach’s noch einmal, Vera!

Seit es bei YouTube die sogenannten „Shorts“ gibt, bin ich verloren. Es kommt täglich vor, dass ich dort hängenbleibe, obwohl ich nur schnell ein kurzes Video schauen will. Am Ende schaue ich nicht 1 Video, sondern 20. Ein Video nach dem anderen wird mir gezeigt und mein Gehirn ist danach meist matschig. Die Videoplattform will mit den maximal einminütigen Videos die chinesische Konkurrenz TikTok ausbooten. Bei mir ist ihr das gelungen.

Manchmal hat ein Algorithmus auch was Gutes. Denn seit einigen Wochen sehe ich immer mehr Videos von Vera F. Birkenbihl. Frau Birkenbihl war im 20. Jahrhundert eine bekannte Managementtrainerin, Sachbuchautorin und Esoterikerin. So steht es in ihrem Wikipedia-Eintrag. Sie wurde für ihre Methode zum einfachen Sprachenlernen bekannt. 2011 starb sie im Alter von 65 Jahren an Krebs.

In vielen Videos im alten 4:3-Format steht Vera auf einer Bühne in einem Konferenzraum voller Menschen. Sie arbeitet an einem voll bepackten Tisch, dessen Beine mit einem sogenannten Skirting verdeckt sind. Hinter ihr eine weiße Leinwand, vor ihr ein Tageslichtprojektor, manchmal auch 2! Emsig schreibt und zeichnet sie in irrem Tempo markante Aussagen auf die Folie und wischt Geschriebenes regelmäßig mit den Fingern weg. Ihre Finger sind entsprechend fleckig. Das Mikrofon hängt an einem Riemen um ihren Hals.

Alles wirkt altertümlich, die jungen Leute würden sagen: „vintage“. Doch jetzt kommt’s: Das, was Vera Felicitas Birkenbihl erzählt, ist heute noch genauso gültig wie damals. Sie erklärt, wie unsere Gehirne funktionieren (nämlich bei Männern und Frauen anders), legt uns die Selbstliebe nahe und regt an, Nachrichten nicht mehr zu schauen. Denn dort gibt es nur Katastrophen und Informationen, die uns vielfach nicht betreffen.

Die Lagerhalle in Chicago

„Wenn in Chicago eine Lagerhalle einstürzt, betrifft Sie das nur, wenn sie Ihnen gehört. Und dann erfahren Sie es sowieso, auch ohne, dass Sie Nachrichten schauen“, ist eine Anekdote, die Birkenbihl oft zitiert. Seit einigen Wochen verzichte ich bewusst wieder auf Nachrichten und gewinne Zeit. Die ich dann bei YouTube verbringe! Na ja, nicht nur. Ich lese auch und schreibe eine Kolumne. Und fühle mich gut dabei.

Was hat Vera F. Birkenbihl nun mit meiner Kolumne „Wechsel-Perspektiven“ zu tun? Nun ja, in einem Video serviert sie mir ein passendes übergreifendes Thema quasi auf dem Präsentierteller: den weiten Blick.

Wer den weiten Blick beherrscht, wird von guten Zufällen heimgesucht. Und gute Zufälle kann man nicht planen.

Du kennst doch auch diese Menschen, bei denen scheinbar alles immer glattgeht. Die in sich ruhen und sich offensichtlich keine Sorgen um nichts machen. Diese Menschen haben begriffen, dass es nicht darum geht, jedes Ziel bis ins Kleinste herunterzubrechen, zu planen und alle Risiken zu berücksichtigen.

Stattdessen ist ihnen klar, dass sie einfach nur das Ziel kennen müssen und ihren Beweggrund. Und dann ergibt sich alles fast wie von selbst.

Ein Beispiel von Vera: Dein Reiseziel ist Rom, denn du weißt, dass dich ein Besuch der Ewigen Stadt glücklich machen wird. Du weißt auch, dass du auf sicherem Weg dort ankommen und nicht mit Kriminellen reisen willst. Sobald dir das klar ist, übst du den weiten Blick und wartest auf die guten Zufälle. Und diese kommen garantiert!

Vielleicht schenkt dir jemand ein Ticket für die Bahn. Oder du triffst auf jemanden, der dich im Auto mitnehmen kann. Jemand hat Verwandtschaft in Rom, und du kannst dort günstig übernachten. Alles fügt sich, ohne dass du dafür viel tun müsstest. Und das alles nur, weil du die große Richtung im Auge behältst wie einen Fixstern und den Zufall den Rest machen lässt.

Ich übe den weiten Blick

Nach Rom fahre ich zwar nicht, aber in Bälde nach Thüringen. Ich wollte ursprünglich nach Erfurt reisen, war aber nicht glücklich mit den Übernachtungspreisen dort.

Dann telefonierte ich mit meiner früheren Nachbarin, die letztes Jahr in Erfurt war. Sie erzählte, dass Weimar nur ca. 15 Minuten per Zug entfernt ist. Ich fand dann heraus, dass Weimar viel günstigere Zimmerpreise hat. Und als ich ein Zimmer gefunden hatte, spielte mir die Website der Deutschen Bahn ein Ticket zu, das weniger als 40 Euro kostet – mit Rückfahrt wohlgemerkt.

Alles andere ist offen. Weder weiß ich, was ich in Weimar und Erfurt machen werde, noch kenne ich jemanden dort. Doch ich bin sicher: Ich werde genau die passenden Impulse bekommen, die ich gerade brauche. Und alles andere fügt sich.

Die vielen Stunden YouTube-Glotzen auf dem kleinen Handy-Bildschirm waren also doch für was gut!

Vera F. Birkenbihls Hinweis hat mir geholfen, wieder mehr dem Leben zu vertrauen und meinen weiten Blick zu üben.

Danke, Vera.

 

PS: Falls du den Videoausschnitt sehen willst, klicke hier. Die ersten 6 Minuten sollten reichen.

Was ist deine Perspektive auf dieses Thema?

Füge sie gerne in den Kommentaren unten hinzu.

Vielen Dank.

Gabriele Feile

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