Es gibt Worte, die kommen Menschen leichter über die Lippen als andere. „Sorry“ gehört dazu. Du hörst es quasi an jeder Ecke und liest es bestimmt oft in E-Mails oder in Online-Kommentaren. Es fühlt sich an wie ein allgegenwärtiges Füllwort und gar nicht wie „the hardest word“ aus dem Song von Elton John.
Je nach Umfeld, Generation und Thema wird „sorry“ mit dem deutschen „Entschuldigung“ oder „tut mir leid“ ersetzt. Wir lesen zum Beispiel: „Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten.“ Oder auch: „Es tut uns leid, dass wir Ihre Erwartungen nicht erfüllt haben.“
Jetzt wird es brenzlig – oder öffentlich
Immer wieder – und in letzter Zeit ziemlich oft – werden Entschuldigungen gefordert. Diese Forderung ging zum Beispiel durch die (Sozialen) Medien, als die Teilnehmenden der Fernsehsendung „Die letzte Instanz“ vom WDR sich zum Thema „Rassismus“ völlig inakzeptabel geäußert und damit Menschen bestimmter Gruppen würdelos behandelt haben. Diese reagierten zu Recht und erwarteten klare Schritte.
Und es wurde sogar international, als der Bayern 3 – Moderator Matthias Matuschik, genannt Matuschke, in seiner beliebten und erfolgreichen Sendung die südkoreanische K-Pop-Band BTS mit dem Corona-Virus verglich und ziemlich diskriminierend und rassistisch wurde.
Die #Hasthags #Bayern3_racism und #Bayern3Apologize (und noch einige andere) trendeten millionenfach, weltweit und tagelang. Die Band hat ein riesiges Fanlager, das zu Recht empört war. Und viele andere fanden die Äußerungen des Moderators absolut nicht akzeptabel. Sie forderten also eine Entschuldigung.
Sich selbst entschuldigen – das geht nicht wirklich
Und die Entschuldigungen kamen, sowohl von den WDR-Protagonisten und vom Sender als auch von Bayern 3 und dem Moderator.
Im zweiten Fall reichte die zunächst ausgesprochene Entschuldigung des Senders nicht aus, also folgte die des Moderators. Doch beides war so „wischi-waschi“ und so wenig aussagekräftig, dass der Sender noch eine Stellungnahme hinterher schickte.
So richtig zufriedenstellend und souverän – und menschlich ehrlich – wurde keiner der beiden Skandale gehandhabt. Die Formulierungen sind lange und ausschweifend, manche wollten lieber gar nichts sagen (so wie Thomas Gottschalk).
Niemand kann sich selbst ent-schuldigen
Im wörtlichen Sinne kann sich niemand selbst von einer Schuld lossprechen. Wir können lediglich andere bitten, das zu tun, also unser „Fehlverhalten“ zu entschuldigen. Zum Beispiel so:
„Entschuldigen Sie bitte die Störung.“
„Bitte entschuldige, dass ich mich jetzt erst melde.“
„Bitte entschuldigen Sie, dass Sie warten mussten.“
„Ich kann verstehen, dass sich Menschen von meinen Aussagen verletzt fühlen, auch wenn das nicht meine Absicht war. Ich bitte Sie inständig um Entschuldigung. Vielen Dank, dass Sie mir die Möglichkeit dazu geben.“
Natürlich können diese Sätze, je nach Bedürfnis und Situation, um weitere Worte ergänzt werden. Besonders wirksam ist eine Bitte um Entschuldigung, die persönlich vorgebracht wird – inklusive Augenkontakt und anschließendem Händedruck (wahlweise Ellbogengruß).
Auch eine stellvertretende Bitte um Entschuldigung ist sehr bewegend und authentisch, etwa wenn hochrangige Politiker für die Taten des Landes, das sie vertreten, um Entschuldigung bitten. Und Gesten können oft versöhnlicher wirken als Worte, wie Willy Brandts Kniefall in Warschau verdeutlichte.
Demut zeigen
Eine Geste wie ein Kniefall zeigt – international verständlich, auch ohne Worte – Demut. Und Demut ist es, die man nach einem ernsten Versäumnis, einem unberechtigten Angriff oder einer tiefen Verletzung zu zeigen hat. Wenn man es ernst meint.
Danke, Frau Merkel
Am 24. März 2021 zeigte Angela Merkel, wie es geht, als sie die geplante Osterruhe, die dazu dienen sollte die Corona-Infektionen besser in den Griff zu bekommen, „zurücknahm“.
Hier gibt es ihre Worte im Video via Süddeutsche Zeitung und Reuters:
Die Ent-schuldigung ist übrigens erst dann erfolgt, wenn das Gegenüber die Bitte annimmt.
So einfach ist das, sagt
Gabriele Feile
PS: Vielleicht will BTS das Elton John Lied covern?
Über die Autorin:
Gabriele Feile findet, dass Sprache viel zu häufig unbedacht eingesetzt wird und nicht immer friedlich. Skandale wie die genannten sind die Folge. Da Sprache auch heilen kann, ist eine Entschuldigungs-Bitte ein sehr kraftvolles, mutiges und beeindruckendes Mittel.