Oder: Putins Purpose

 

März 2022 (Planet Erde) – „Wozu sind Kriege da?“ fragte Udo Lindenberg schon 1981. Kriege sind für die meisten Menschen, vor allem für die, die direkt davon betroffen sind, nichts anderes als schrecklich und grausam. Die Bevölkerung, deren Heimat zerstört wird, leidet am meisten, muss oft fliehen, wird verletzt oder getötet. Menschen verlieren Angehörige und ihr Hab und Gut. Sie verlieren ihre Zukunft, ihr Leben, ihre Hoffnung.

Die Soldaten und Soldatinnen aller Kriegsparteien sind in einer schwierigen Lage. Sie wissen: Auf der anderen Seite sind Menschen wie ich. Auch sie wollen nicht töten, sie folgen einem Befehl. Und intuitiv wissen beide Seiten: Diese Erfahrung werden wir nie wieder aus unseren Gedanken löschen können. Sie verändert unser Leben für immer. Und sie hinterlässt Kummer, Leid und Not, nicht nur durch die Waffen.

Ist der Krieg in der Ukraine für irgendetwas gut? Ich befürchte: ja.

 

Wozu führt Putin diesen Krieg?

 

Außer ihm weiß das wohl niemand ganz konkret. Seine Begründung, dass er die Ukraine „befreien“ will, ist von wilden Fantasien hergeleitet. Anders lässt es sich nicht erklären, dass er ein Land mit einem jüdischen Präsidenten von einer Nazi-Herrschaft befreien will.

 

In einer Terra-X-Folge hat das ZDF Putins Beweggründe beleuchtet. Die befragten Expert:innen kommen zu dem Schluss, dass der russische Präsident besessen ist von Geschichte. Er orientiert sich an früheren russischen Zaren und eifert ihnen nach, indem er Russland zu „alter Größe“ zurückführen will. Eine wiedererstarkte Sowjetunion als Weltmacht schwebt ihm vor.

 

Die Inszenierung seiner Auftritte erinnert an die gekrönter Häupter: Immer sieht man ihn in prachtvoller  Umgebung, die mächtigen Türen mit Goldverzierung werden ihm selbstverständlich geöffnet. Militär ist oft präsent. Das Publikum ist auf seiner Seite und der Abstand zu seinen Staatsgästen ist, dank langem Tisch, ausreichend groß.

 

Putins Muster

 

Würde Putin seine Handlungen reflektieren, käme er vermutlich nach einer Weile (nach einer recht langen Weile) darauf, warum und wofür er diesen Krieg führt. Der Krieg dient ihm dazu, persönliche Glaubenssätze zu füttern, die ihn schon sein Leben lang begleiten. Für ihn ist ein Krieg die logische Konsequenz seines bisherigen Lebens. Es gibt Gerüchte, Putin sei sehr krank, von Krebs und Parkinson ist die Rede. Falls dies stimmt, nützt er wohl die letzte Chance, um in die Geschichtsbücher als Kriegsherr und Eroberer einzugehen.

 

Wofür ist dieser Krieg da? Welchen Zweck hat er?

 

Alles, was geschieht, hat einen Grund. Und es hat einen Zweck. Beides ist nur selten identisch. Der Grund für diesen Krieg in der Ukraine liegt bei Putin. Weil er den Befehl zum Angriff gegeben hat, findet der Krieg statt. Weil er der Präsident ist, kann er so einen Befehl geben. Und weil er dafür gesorgt hat, dass das Präsidentenamt in Russland mit viel Macht ausgestattet ist, kann er wie ein Monarch regieren.

 

Der Zweck des Krieges hingegen, auf Englisch Purpose, ist nicht der, den Putin dem Krieg gibt. Und es ist wohl auch nicht der Zweck, zu dem Putin auf der Welt ist.

 

Welchen ZDE (Zweck der Existenz) Wladimir Putin hat? Was also seine Lebensaufgabe ist? Er selbst würde wahrscheinlich sagen: Das glorreiche Russland in eine strahlende Zukunft führen.

 

Im viel größeren Kontext ist Putins Purpose ein anderer. Er hat mit uns zu tun. Mit uns allen. Mit dir. Mit mir. Mit Menschen in Russland, der Ukraine, Europa, Amerika und der Welt.

 

Der Sinn und Zweck dieses Krieges jetzt zu diesem Zeitpunkt ist ein viel größerer

 

Corona hat nämlich nicht gereicht

 

Zwei Jahre bevor Putin die Ukraine überfiel, hat ein Virus seine Reise um die Welt begonnen. Wir haben seither intensive Jahre erlebt, voller Einschränkungen, Verluste, Krankheiten, Todesfälle und hitzigen Auseinandersetzungen auf vielen Ebenen. Familien wurden auseinandergerissen, wegen Infektionen, aber auch wegen unterschiedlichen Meinungen zum Impfen und zu den Regeln, die plötzlich galten. Die Gräben schienen immer tiefer zu werden.

 

In meiner Botschaft „Das Ende von Corona“, habe ich bereits 2020 geschrieben, wie sehr diese Situation an die Geschichte der zehn Plagen in Ägypten erinnert. Auch dort kommt das Volk nicht zur Ruhe, weil eine Plage die nächste jagt.

 

Ähnlich geht das Corona-Virus mit uns um: Es spielt mit uns Katz und Maus und gibt uns die Chance, ganz genau zu reflektieren, was die letzten Jahrzehnte passiert ist. Es hält uns unerbittlich Spiegel vor und fast kann man seine krächzende und höhnische Stimme hören, die sagt:

 

„Na, seht ihr, wie die Welt aussieht? Könnt ihr erkennen, welche Fehler die Menschheit gemacht hat? Worauf wartet ihr noch? Korrigiert sie endlich!“

 

Aus Sicht des Viruses muss das echt frustrierend sein: Egal, was es tut, die Menschen finden immer einen Weg, um an ihren alten, liebgewonnenen Gewohnheiten und Selbstverständlichkeiten festzuhalten. Denn wir alle haben solche Muster, wenn auch sie nicht immer so extrem sind wie die von Menschen wie Putin. In ihrer Gesamtheit allerdings sorgen unser aller Muster für Krisen, denen wir scheinbar hilflos ausgeliefert sind.

 

Anstatt endlich zu kapieren, dass die aktuelle Situation eine Konsequenz all der vorangegangenen Entscheidungen ist (was übrigens auch für Probleme auf individueller Ebene gilt), verteidigen wir den Status Quo und werden plötzlich alle konservativ. Das heißt, wir wollen bewahren, also konservieren, was wir erreicht haben. Und damit ist meist der individuelle und materielle Wohlstand mit seiner Bequemlichkeit gemeint. Weiter so, bitte! Das ist es, was die meisten Menschen, zumindest in den reichen Ländern, sich wünschen.

 

Die Menschen in der Ukraine waren von einem Moment auf den anderen gezwungen, sich zu entscheiden: Alles zurücklassen, fliehen und dafür überleben? Oder bleiben und vielleicht sterben?

 

Bloß keinen Verlust, bloß keinen Rückschritt, bloß nicht weniger als vorher!

 

Nach wie vor dominiert in vielen Ländern der Welt der Egoismus, der als Freiheit getarnt ist. Und nach wie vor ist den wenigsten Menschen klar, dass die aktuelle Situation nur ein Vorbote ist von dem, was ziemlich unaufhaltsam auf uns zukommt. Der Klimawandel wird noch viel mehr von uns abverlangen, als in geschlossenen Räumen eine Maske zu tragen. Oder sich nicht mit zig-Tausenden anderen auf engstem Raum aufzuhalten, zum Beispiel auf einem Kreuzfahrtschiff oder in einem Bierzelt. Oder zu Fuß zum Bäcker zu gehen oder den Bus zur Arbeit zu nehmen.

 

Abgesehen davon, dass es seit einiger Zeit sehr viel Geld gibt, das mehr oder weniger gerecht verteilt wird, hat sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie nichts Wesentliches geändert. Im Gegenteil: Auch jetzt wird wieder Geld produziert, um Situationen zu lösen, die mit Geld nicht zu lösen sind.

 

Was muss man Menschen bezahlen, die ihre Heimat durch Bomben verloren haben, ihre Angehörigen im Krieg oder durch Krankheiten oder ihr Leben samt Beruf und Auskommen? Und ist es ein Trost, dass sich Staaten zinslos verschulden können? Wie sähe eine Welt aus, in der es Geld grundsätzlich „umsonst“ gibt? Was könnten wir damit alles lösen?

 

Oder was wäre, wenn nichts auf der Welt Geld kosten würde? Gäbe es dann noch Kriege?

 

Ein Lichtblick

 

Die große Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und mit denen, die als Flüchtende in anderen europäischen Ländern ankommen, ist ein sehr positives Zeichen. Anscheinend brauchte es einen Krieg, damit Europa sich seiner Zusammengehörigkeit besinnt und gemeinsam nach Lösungen sucht. Hieß es noch Anfang des Jahres: „2015 darf sich nicht wiederholen“, werden für die ukrainischen Mitmenschen alle Hürden aus dem Weg geräumt. Selbst Länder, die sich bisher strikt geweigert haben, Flüchtlinge aufzunehmen (und das noch tun, siehe Polen), öffnen ihre Grenzen für die Menschen aus dem Kriegsgebiet. Hilfstransporte werden allerorten privat organisiert und finanziert. In den Sozialen Netzwerken häufen sich die Posts von Privatleuten, die ukrainische Familien bei sich wohnen lassen. Plötzlich gibt es freien Wohnraum, der sogar unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird.

 

Geht doch! will man da spontan rufen! All das ist wunderbar, und ich feiere all diese hilfsbereiten Menschen und ihre Aktivitäten. Nur eine Frage: Warum geht das bei den Menschen aus Syrien, Afghanistan, Mali, Eritrea oder dem Irak nicht? Oder bei der Bewältigung des Klimawandels? Beim Pflegenotstand? Bei den Corona-Regeln?

 

Abhängigkeiten

 

Dieser Krieg ist im ganz großen Zusammenhang gesehen ein weiterer, ganz deutlicher Hinweis darauf, dass wir, die Menschheit, auf dem Holzweg sind. Schon vor Corona haben wir erkannt, dass die Abhängigkeit von China oder Indien bei Medikamenten zu Engpässen führen kann. Dann gab es plötzlich nicht genügend Masken und Schutzkleidung (dafür gab es Menschen, die das zu ihren eigenen Gunsten ausgenutzt haben). Der Chipmangel dauert noch an, die Lieferketten sind gestört und Menschen hamstern wieder einmal.

 

Erst durch diesen Krieg scheint vielen Menschen klar zu werden, dass  Energiehunger für sie fast so schlimm ist wie echter Hunger. Gibt es nicht genügend Gas, Öl oder Kohle, werden all die liebgewonnenen Bedürfnisse plötzlich nicht mehr unbegrenzt und sofort befriedigt. Alles wird teurer, und die Forderung nach Geld vom Staat folgt auf dem Fuß. Und ja, das können wir machen: Wir subventionieren den Sprit (und sorgen mit Steuergeldern für satte „Kriegsgewinne“ bei den Ölkonzernen) und machen ansonsten weiter wie vorher.

 

Krieg hin oder Klimawandel her!

 

Abhängigkeiten sind nicht per se etwas Schlechtes. Wenn Abhängigkeiten auf beiden Seiten spürbar sind, tragen sie oft zu Frieden bei. Früher (und teilweise noch heute) waren Ehen auf einer beiderseitigen Abhängigkeit begründet: Die Frauen wurden durch eine Ehe versorgt, die Männer auch – wenn auch auf unterschiedliche Weise. Frauen brauchten einen Ehemann, um überhaupt in der Gesellschaft anerkannt zu werden. Männer brauchten eine Ehefrau, um legitime Nachkommen zu zeugen. Auch wenn das heute ziemlich krass klingt – es hat dazu geführt, dass viele Ehen lange Jahre hielten.

 

Wirtschaftlich ist es allerdings anders: Deutschland als Exportland liefert zwar viele Waren in aller Herren Länder. Doch gleichzeitig muss es als rohstoffarmes Land auch alles Mögliche importieren. Und weil die Importe und die Exporte sich nicht die Waage halten und auch nicht mit denselben Partnern stattfinden, sind die Abhängigkeiten sehr ungleich verteilt.

 

Die Folgen davon sehen wir jetzt. Fast panisch wurde vor einiger Zeit beschlossen, sowohl Medikamente als auch Mikrochips wieder in Europa zu produzieren. Ausländische Investoren werden mit Kusshand empfangen, sogar, wenn sie Autos bauen wollen. Vergessen wird, dass dies neue Abhängigkeiten schafft, die womöglich wieder einseitig sind.

 

Interessant wird, wie wir mit dem sogenannten Fachkräftemangel umgehen

 

Werden wir eine neue Abhängigkeit etablieren, um genügend Pflegepersonal, Lehrer:innen oder Lkw-Fahrer:innen zu haben?

Wie gehen wir mit der Fleisch- und Lebensmittelindustrie um, in der viele Menschen aus dem Ausland arbeiten?

Wie lösen wir die Abhängigkeit vom Auto, die in engem Zusammenhang mit Flächenfraß, Luftverschmutzung, Klimaerwärmung und Energiehunger steht?

Was wird aus unserer Abhängigkeit vom Wirtschaftswachstum, ohne das es die kapitalistischen Länder wohl nicht mehr geben würde?

 

Die gute Nachricht für den Planeten

 

Weil die Abhängigkeit von fossiler Energie aus dem Ausland uns sehr verletzlich macht, wie man gerade sieht und spürt, werden erneuerbare Energien plötzlich zum rettenden Anker. Blöd nur, dass die Deutschen ihre Solarindustrie fast komplett entfernt haben und China jetzt Technologieführer ist. Und blöd, dass in den letzten Jahren so wenige Windräder genehmigt und gebaut wurden.

 

„Freiheitsenergien“ nennt sie nun die FDP. Das lässt hoffen. Und wenn sie jetzt noch das Tempolimit in „Freiheit beim Fahren“ umtauft, dürfen wir noch mehr hoffen!

 

Wofür ist dieser Krieg also da?

 

Als (hoffentlich) letztes und überdeutliches Zeichen für einen tiefgehenden Wandel. Weg vom Zeitalter von Egoismus, Gier und Macht samt Abhängigkeiten. Hin zum Zeitalter des Miteinanders, des Genug und des Gleichgewichts.

 

PS: Was glaubst du? Wofür ist dieser Krieg da?

 

Gabriele Feile lehnt an einer Hausmauer und lächelt in die Kamera.

Gabriele Feile fliegt und nimmt von dort oben große Zusammenhänge intensiv wahr. Ihre Vision ist eine Welt in Balance. Ihr liebster Aufenthaltsort ist die Schmetterlingsfrequenz. In ihrem Buch Schmetterlinge fallen nicht vom Himmel erzählt sie sehr persönlich, wie sie diese Frequenz erreicht hat. Und baut Brücken für alle, die auch dorthin gelangen möchten.

Mehr über Gabriele Feile

 

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